Blinde Sportlerin verwirklicht einen Traum
Von Christine Semmler
Sabine Schröder und Beate Schlesinger laufen gemeinsam nach 1:42:15 Stunden über die Ziellinie des achten City-Triathlon am Heinrich-Fischer-Bad. Egal ob Schwimmen, Radfahren oder Laufen – alles haben sie in engster Abstimmung im Zweierpack gemeistert.
Die beiden Frauen sind nämlich kein gewöhnliches Team: Sabine Schröder ist die erste sehbehinderte Sportlerin in der Geschichte des Hanauer Triathlons. Sie ist seit vier Jahren fast blind.
„Als ich nichts mehr sehen konnte habe ich mir eine Liste gemacht, was ich alles wieder können will“, sagt die durchtrainierte, 56 Jahre alte Athletin mit einem strahlendem Lächeln. Tauchen habe auf der Liste gestanden. Oder Skifahren. „Ich habe inzwischen fast alles gemacht.“ Nur der Triathlon – der habe noch ihr gefehlt.
Dabei hatte sie nur eine Woche zur Vorbereitung. „Mein Mann, der eigentlich mit mir teilnehmen wollte, konnte nämlich nicht“, sagt die 50-jährige Teamkollegin Schlesinger. „Da habe ich Sabine gefragt.“
Am meisten Angst hätte sie vor den 550 Metern Schwimmen gehabt, erklärt Schröder. „Es war nicht so einfach die Bahn zu halten.“ Alles andere sei problemlos gewesen: die 20 Kilometer auf einem Doppelfahrrad durch Nord-Hanau ebenso wie die fünf Kilometer lange Laufstrecke.
Stärkung nach dem Zieleinlauf
Alle Athleten stärken sich nach dem Zieleinlauf erst einmal mit freien isotonischen Getränken. Heide Fronek, Heinz Hinkel und Sonja Wessely, drei von rund 80 freiwilligen Helfern, haben außerdem Obst für die Sportler in Portionen geschnitten: zwölf Melonen, zwei Kisten Bananen, etwa fünf Kilo Trauben und 15 Kilo Äpfel, alle gespendet von einem Supermarkt. Es dauert nicht lange, da schaut auch Holger Fronek am Stand vorbei: Sohn von Heide Fronek, Mitglied der Turngemeinde Hanau (TGH) und Organisator der ersten Stunde.
Er freut sich darüber, dass sich immer mehr Amateure anmelden und der Triathlon eine echte Breitensportveranstaltung ist. „Wir wollen einen Gegentrend zu den großen, kommerziellen Veranstaltungen bilden“, sagt er. Im Becken fallen die vielen Brust-Schwimmer ins Auge. Und auf der Fahrradstrecke wird sogar ein Hollandrad gesichtet.
Schnellster Mann ist schließlich Thomas Ott vom ESV Gemünden: Er schafft den Triathlon in 55:09 Minuten. Marie Schwöppe vom TSG Kleinostheim ist mit 1:07:55 Stunden die schnellste Frau. Schnellster lokaler Sportler ist Julius Martiny vom SSC Hanau-Rodenbach. Er belegt mit 1:00:42 Stunden den vierten Platz in der Gesamtwertung.
Vier Kampfrichter des Hessischen Triathlon Verbandes sind auf dem Gelände und den Strecken unterwegs und stellen sicher, dass die Sicherheit gewährleistet ist und die Regeln eingehalten werden. Dazu gehört auch Jörn Müller, der die Fahrräder checkt. „Wir müssen sehr viele Fahrer bitten, ihre Helme richtig einzustellen“, berichtet er. Liegeräder seien nicht erlaubt. Aber beim Tandem von Sabine Schröder und Beate Schlesinger hätte er ein Auge zugedrückt.
Fast genau 300 Teilnehmer
Fast genau 300 Teilnehmer hat Veranstalter Fronek in diesem Jahr gezählt, 70 Prozent davon Männer, 30 Prozent Frauen. Auch das Wetter spielt mit: Trotz unsicherer Prognose fällt kein Regen, der das Unfallrisiko wegen rutschiger Fahrradstrecken erhöhen würde. „Wenn es keinen größeren Unfall gibt und alle zufrieden sind, ist die Veranstaltung für mich erfolgreich“, sagt er.
Nur im ersten Jahr habe es einen schweren Sturz gegeben, erinnert sich Fronek: Ein Radler sei auf ein parkendes Auto aufgefahren. Seitdem würden die Straßen für den Triathlon von der Stadt komplett „entparkt“, das heißt, Fahrzeuge von Haltern, die dem Parkverbot nicht folgten, würden abgeschleppt.
Unterdessen lobt Lars Peters, der als Sieger der ersten Gruppe und nach einer Stunde und sechs Sekunden eingelaufen ist, die gute Organisation: „Die Strecke und Hindernisse wie Schlaglöcher sind sehr gut markiert“, sagt der 42-Jährige. Aber die Strecke habe es dank Gegenwind auf dem Fahrrad und einer beachtlichen Steigung beim Laufen auch in sich gehabt. Trotzdem: Für ihn ist der Hanauer Wettbewerb eher ein gutes Training für den Mitteldistanz-Triathlon, den er nächste Woche schaffen will.
Auch für Thomas Klusmann, der drei Sekunden nach ihm einlief, ist dieser Sportevent offenbar nicht uneingeschränkt der Höhepunkt des Tages, anders als für die meisten hier. Er hat es vielmehr ein bisschen eilig: „Ich bin gleich noch bei einer Familienfeier eingeladen“.
Alle Ergebnisse des City-Triathlon sind online abrufbar: api.maxx-timing.de/showevents/134/certificates
Das Wetter spielte mit: Angenehme Temperaturen und eine trockene Fahrbahn spielte den Sportlern in die Karten. Nur der starke Gegenwind machte den Radfahrern zu schaffen.
FOTOS: PATRICK SCHEIBER
Ihre Sehbehinderung hindert Sabine Schröder (rechts) nicht daran, die Dinge zu tun, die ihr Spaß machen. Sie meisterte die drei Disziplinen gemeinsam mit Beate Schlesinger (links).
Heute kein Normalbetrieb: Am Sonntagvormittag war das Heinrich-Fischer-Bad für Leistungssport reserviert. Auch zahlreiche Straßen in der Stadt waren für den Autoverkehr gesperrt.
Ihre letzten Kraftreserven brauchten die Athleten, um fünf Kilometer rund um das Heinrich- Fischer-Bad zu laufen.
Die Wechselzone: Auf der Wiese hinter den Schwimmbecken bereiten sich die Athleten auf die nächste Disziplin vor.